Bienvenue au pays cathare N°8

Im einsamen Tal vor dem Ferienhäuschen zu sitzen, sich die Sonne auf den Buckel scheinen und die Gedanken treiben lassen zu können ist ein hochgeschätzter Luxus; zumindest für mich. Ich stelle mit jedem Jahr das vergeht fest, dass ich für Karriere im klassischen Sinne insofern nicht gemacht bin, als ich kein Interesse daran habe „jemand zu sein“. Ich erfülle jene Funktionen, die mir Kraft Amt zugedacht snd (und manchmal deutlich darüber hinaus), aber es reizt mich nicht sonderlich, weiter die Leiter hinaufzuklettern. Ich habe durchaus noch sogenannte „Life Goals“, also Dinge, die ich gerne noch tun, Orte die ich gerne noch besuchen und Meilensteine, die ich gerne noch erreichen würde; diese muss man aber in private und berufliche unterteilen. Und die beruflichen werde ich sicher nicht um den Preis meiner Freizeit verfolgen, oder besser jener Zeit, die ich nutzen will, um meinen ganz persönlichen Interessen nachzugehen. Und meine persönlichen Ziele waren, abseits der Zeit mit meiner Familie schon von jeher – und sind noch immer – eher kreativer Natur. Ich will erschaffen, ich will Menschen erreichen und zum Erleben, zum Denken anregen! Mich interessieren Geschichten. Alle Arten von Geschichten und alle Arten, Geschichten zu erzählen. Meine eigenen Fähigkeiten diesbezüglich sind begrenzter, als es mir recht ist, aber das zwingt mich, verschiedene Wege zu gehen, um meine Ideen dennoch umsetzen zu können – und vor allem immer wieder neue Wege auszuprobieren.

Verdammt sakral!

Das Problem dabei ist, dass ich vermutlich wesentlich seltener Menschen erreiche, als ich mir das wünschen würde. Oder aber diese Menschen mittlerweile so sehr an den Modus Operandi der asozialen Medien gewöhnt sind, dass es ihnen an der Geduld mangelt, sich mit Texten auseinanderzusetzen, die länger sind als „Du bimst eins Lauch, und ich voll korrekta digga!“ Und ja, mir ist klar, dass das KEIN Jugendsprech und auch KEIN Ghetto-Sprech ist, sondern Käse; tatsächlich klingt jedoch ein nicht unerheblicher Teil des Internets mittlerweile für meine inneren Ohren genau so: NÄMLICH. ABSOLUT. SINNFREI. Weil es ein gewisses Sprachniveau braucht, um manche Dinge ausdrücken und transportieren zu können – auch wenn manche Leute glauben, dass Sprache in beliebig kurzer Zeit beliebig wandelbar ist. Genau DAS ist sie NICHT! Ich verstehe, dass Rap und Hiphop möglicherweise zum Teil eine gewisse Schöpfungshöhe aufweisen, die das bloße Testosteron-gesteuert möchtegern-territoriale Bramabarsieren über Drogen, Kohle, Frauen und Autos, oder aber das hemmungslose Plagiieren von schlechten Vorlagen übersteigt. MIR fehlt es jedoch an der Sprache, dies zu identifizieren und ich finde, das jede Kunst wenigstens gelegentlich intersubjektiv genug sein sollte, auch Menschen anzusprechen, die weder aus dem gleichen Ghetto, noch aus der gleichen Alterskohorte kommen. Und DAS kann ich hier beim besten Willen nicht erkennen. Das ist Musik für Leute, die immer die gleiche Musik von immer neuen Leuten hören wollen, die aber immer die gleich Musik über immer die gleichen Themen mit den immer gleichen, vollkommen austauschbaren austauschbaren Texten machen. Es geht vielen nur um die Oberfläche, um das Gefühl, cool sein und von einer anderen Welt kosten zu wollen. Aus dem gleichen Grund sind im viktorianischen England Mitglieder der feinen Gesellschaft ins Varieté in Whitechappel oder Limehouse gegangen – um den Kitzel einer verborgenen, verbotenen Welt kosten zu können.

Was man diesen Eumeln nicht absprechen kann, ist das Ego, dass es braucht, sich mit seiner Kunst in die Öffentlichkeit zu trauen. Wobei ich das Gefühl habe, dass es bei DENEN in der Hauptsache um Bling-Bling und Kohle geht. Mich interessiert jedoch der Gedanke, seine Kunst einfach herzustellen, weil man davon überzeugt ist, damit vielleicht etwas zu bewegen, vor allem aber, weil man die Idee hat, dass andere gut finden könnten, was man da gerade in die Welt hinaus lässt! Kunst ist für mich zuallererst etwas, dass unser Denken anregen und ggfs. verändern können sollte. Aber betrachte ich meine Geschichten, gleich welcher Natur überhaupt als Kunst. Lebe ich ein kreatives Leben? Ich will darauf mit einem klaren JA antworten, denn es geht nicht um Klickzahlen, um Geld, um (meine 15 Minuten) Ruhm, oder gar darum irgendjemanden abschleppen zu wollen. Ich habe meine beste Ehefrau von allen, dankeschön! Ne, ne, es geht darum, sich selbst und seinen eigenen Ansprüchen zu genügen, etwas zu machen, dass einem selbst Freude bereitet, einem hilft, an etwas anderes denken zu können, als die wiedrigen Zeiten, in denen wir uns gerade bewegen; und das IRGENDJEMANDEN erreicht. Ich habe irgendwann in den vielen Zeilen, die ich bislang in über 11 Jahren hier (und den über 10 Jahren davor an anderer Stelle) geschrieben habe mal gesagt, dass, wenn ich durch mein Tun auch nur das Leben einer Person zum Besseren hätte wenden können, sich die ganze Mühe gelohnt hätte. DAS IST KEINE HOHLE PHRASE LEUTE, DAS IST MEINE ENERGIE!

Viele Menschen neigen dazu, sich über ihren Job, ihren Besitz, ihre Gelehrsamkeit zu definieren. Ich brauche keine Titel, ich brauche auch keine unfassbaren Mengen an Geld, oder gar noch mehr Arbeit – im Gegenteil, auf das Letztere könnte ich derzeit, meiner mentalen Gesundheit zur Liebe dankend für eine sehr lange Zeit verzichten. Arbeitsfasten, das wäre mal was gewesen für die letzten 6 Wochen. Oder die nächsten 6. Ich definiere mich über all die kleinen Dinge die ich tue, wie etwa dieses Blog zu schreiben. Oder für die Menschen in meinem Umfeld ein offenes Auge und Ohr zu haben. Oder Menschen beim Wachsen zu helfen. Worüber ich mich nicht definieren möchte, ist der ganze andere oberflächliche, langweilige, allzu materielle Quatsch, an dem sich so viele Menschen orientieren. Ich hingegen sitze immer noch vor der Hütte in dem einsamen Tal. Die Sonne scheint, während ein milder, immer noch Märzkühler Wind weht. Mittlerweile hat der Grill uns das Essen gegart. Ich denke darüber nach, heute Abend eine Geschichte (weiter) zu erzählen. Das Leben ist jetzt gerade schön. Lasst mich den Moment festhalten, während ihr was anderes macht, okay…

Bienvenue au pays cathare N°7

Wann immer ich nach Südfrankreich oder Mittelitalien komme, fühlt es sich für mich wie Heimkommen an. Die Landschaft, die Menschen, die Art mit den Dingen umzugehen – einfach alles atmet für mich eine Leichtigkeit, die ich in good old germany mittlerweile dauerhaft schmerzlich vermisse. Now don’t get me wrong: ich mag meine Heimat, nur die Menschoiden in ihr könnte ich mittlerweile zu einem großen Prozentsatz one-way ohne Sauerstoff auf den Mond schießen. Mein Geist ist mediterran. Er war es immer und wird es wohl auch immer bleiben. Da ist es doch schön, wenn man wenigstens einige Wochen im Jahr auch physisch dort weilen kann, wo man mental eh so gut wie immer unterwegs ist. Dieses Mal ist es wieder Südfrankreich, das alte Katharerland. Nächste Wochenende ist schon wieder Ostern und das erste Quartal 2024 war ein rauher Ritt. Das nächste dräut schon mit den üblichen kleinen und großen Problemen, Aufgaben, Anforderungen. Aber GENAU JETZT kann mich dieses andere Leben so dermaßen am A***H l****n, dass es kaum in Worte zu fassen ist. Denn ich sitze hier an einem Sonntag draußen vor dem Häuschen. Es ist zugegebenermaßen frischer als erhofft, aber wenigstens trocken und auch ein wenig sonnig. Das Domizil ist abgelegen genug, sich von nichts und niemandem belästigt fühlen zu müssen; außer vielleicht von der Herde Ponys und Esel, die auf den fast 100 Hektar, die ringsum unserem Vermieter gehören frei umherstreichen dürfen. Nein Spaß, die Ponys und Esel sind toll – niedlich, ruhig, zutraulich. Die Hütte ist einfach, aber mit allem ausgestattet, was man braucht; und das WLAN gerade so schnell und schlecht erreichbar, dass man es nutzen KANN, aber nicht unbedingt WILL. Wie viel besser wird’s noch? Das einzige, was um diese Jahreszeit fehlt, ist der typische Geruch, den das Land annimmt, wenn ab dem späten Frühjahr die Sonne brennt. Aber das kann ich verschmerzen, denn im August geht’s nochmal nach Mittelitalien.

Was macht Urlaub wirklich zum Urlaub? Was lässt uns die Art von Entspannung finden, die uns von unserem Alltag entkoppelt, Reserven auffüllt, zur Ruhe kommen lässt? Warum muss es überhaupt eine Entkopplung vom Alltag geben und warum fahren oder fliegen wir dafür manchmal um die halbe Welt? Ich weiß es nicht; und wenn ich ehrlich bin, will ich das auch gar nicht so genau wissen. Denn MEINE Antwort gälte eh nur für mich und niemanden sonst. Mal davon abgesehen, dass so verf****e Listicles wie „7 Plätze für ein garantiert großartiges Retreat!“, oder „Die 11 hübschesten kleinen Städte!“ höchstens zu a) überlaufenen „Geheimtipps“, b) genervten anderen Besuchern und c) mehr Stress führen. Und, im Falle dieses einen Fjordes in Norwegen regelmäßig zu Tode gestürzte Selfie-Jäger produzieren. So eine Scheiße kannste dir einfach sparen. Obwohl, auf die Frage, warum man sich vom Alltag entkoppeln zu müssen glaubt, kann ich eine Antwort geben, die vielleicht auch für andere Gültigkeit besitzt: weil dieses Gefühl, wie ein Hamster im Rad, oder der Esel rings um den Brunnen immer nur im Kreis laufen zu müssen, ohne je IRGENDWO anzukommen einen mit zunehmender Zeitdauer immer mehr bedrückt, unzufriedener macht, sich nach einer Abwechslung sehnen lässt – EGAL WELCHER! Und dieses Gefühl entsteht einfach nur dadurch, jeden Tag roboten zu gehen. Selbst in einem Job, der sehr vielfältige Aufgaben und ein sehr abwechslungsreiches Tätigkeitsprofil hat, wie etwa meiner, kommt man immer wieder an diesen Punkt, an dem noch ein bisschen mehr von der gleichen Scheiße dich in den Wahnsinn zu treiben droht. Glaubt mir, ich weiß wovon ich spreche… [Trifft aber auch Andere: mehr vom immergleichen macht immer gleichgültiger und erschöpfter.]

Insofern spüre ich die Wirkung bereits, denn alles ist anders: die Unterbringung, die Landschaft, die Menschen, die Art mit den Dingen umzugehen – und natürlich die Absenz von ernsten Aufgaben. Meine einzigen Aufgaben sind: Sachen ankucken, knipsen, einkaufen und kochen (und natürlich auch essen und trinken), lesen, schreiben und nachdenken – undzwar zweckfrei. Ich habe hier schon des öfteren über Zweckfreiheit sinniert und komme auf immer unterschiedlichen Wegen doch wieder zu ähnlichen Ergebnissen: nämlich dass meine wahre Liebe dem Lesen, Denken und Schreiben gilt; und dass ich vermutlich insgesamt ein glücklicherer Mensch wäre, wenn ich damit mein Geld verdienen könnte. Aber damit zu hadern hat keinen Sinn, wenn man in vielen anderen Dingen zumindest ab und an auch seinen Sinn finden kann. Und ich möchte an dieser Stelle von folgender, tendenziell nicht neuer Erkenntnis berichten, die – vielleicht – für manche Menschen, die sich mit Sinnsuche (evtl. sogar beruflich) beschäftigen dennoch ein wenig ernüchternd sein mag: Sinn ist wie Kultur und Persönlichkeit ein dynamisches Konstrukt, welches seine Gestalt im Zeitlauf immer wieder ändert. Was damals für mich sinnstiftend gewesen sein mag, ist dies heute nicht mehr unbedingt. Sich an diese alten Momente eines vermutlich verflogenen Sinns zu erinnern, nennt man Nostalgie – das Zurückerinnern an eine Zeit, in der es angeblich besser war. Dabei sind es lediglich unsere vergangenen Selbstwirksamkeitserfahrungen und die damit verknüpften positiven Emotionen, welche die subjektive Illusion eines besseren Damals entstehen lassen! Sich davon abhängig zu machen, ist ein sicheres Rezept, sich seinen Urlaub, oder gar sein Leben zu versauen!

Ich habe im Moment die Gelegenheit Neues zu sehen, zu erleben, darüber nachzudenken und so neue positive Selbstwirksamkeitserfahrungen zu generieren, an die ich in ein paar Jahren mit Wehmut zurückdenken kann (und werde), um mich mit der notwendigen Energie für die dann anstehenden Aufgaben auszustatten, die mich über die Zeit bis zum Urlaub trägt. Urlaub ist Erleben; und ICH kann das nicht in einer Bettenburg am Strand. Es hilft allerdings auch, wenn man die Anreise stressfrei abwickeln kann – was dieses Mal tadellos funktioniert hat: 1080 KM ohne eine einzige Friktion – YEEHAA Baby. In diesem Sinne eine gute Zeit, wir lesen uns.

Wertfragen für Anfänger!

"Ein Zyniker ist ein Mensch, der von allen Dingen den Preis kennt und von keinem den Wert weiß. Und ein Sentimentaler ist ein Mensch, der in allen Dingen einen lächerlichen Wert erblickt und von keinem einzigen den Marktwert weiß."
Oscar Wilde

Wann immer man sich im Internet umsieht, stolpert man recht bald, beinahe zwangsläufig über sogenannte Ratgeber, „Lifehacks“ und allerlei anderen kontextarm-sinnfreien Ausfluss sendungsbewusster Menschoiden. Zumeist generiert, um entweder noch eine dieser nutzlosen Möchtegern-News-Seiten mit angeblichem „Content“ zu füllen, oder aber (noch schlimmer!), um damit auf dem Rücken an sich selbst verzeifelnder Menschen Geld zu verdienen. Ist mein Blick auf die allermeisten Medienschaffenden vielleicht zu negativ? Ich denke nicht, denn am Gelde hängt, zum Gelde drängt doch alles. In der Hinsicht bin ich ein Zyniker, da ich die Preisschilder an den Ratschlägen nur allzu gut zu erkennen vermag; jedoch – ich will dem gar keinen Wert beimessen, denn es hat keinen! Außer für moralisch verrottete, gierige, betrügerische, bigotte Arschlöcher Klicks oder Geld zu generieren; wobei Klicks im Web ja mit Geld gleichzusetzen sind. „Ooooh….“ höre ich es vor meinem inneren Ohr aufbranden „…aber, aber. Wie kann man nur so negativ, so bösartig auf Mitmenschen blicken, die halt irgendwie erfolgreich zu sein versuchen?“ Nun, ganz einfach: indem ich sie, wie eben getan, als exakt das bezeichne, was sie sind: ganz und gar auf Schein basierendes, wertloses Geschmeiss, das mir bitte vom Halse bleiben soll.

Ich hatte doch neulich mal darüber gesprochen, wie sehr es mich geflashed hat, dass eine ganz simple Kurz-Recherche zum Thema Coaching-Ausbildung mir eine wahre Flut von Bullenscheiße in meine Insta-Timeline gespült hat. Mittlerweile hat der Algorhythmus verstanden, dass er das bleiben lassen soll, aber da waren Gestalten dabei: unverblümt-direkte Ansprache, umgekehrte Psychologie, Sketche, Nachrichtensprecherei, Pep-Talk und Power-Posing und tatsächlich möchtegern-selbstkritisches Fishing for Compliments and Customers. YIKES! Was für ein Panoptikum oberflächlich-unseriösen Grusels. Auch die haben den Zyniker in mir hart getriggert, denn die Preise, die da für eine sogenannte Coaching-Ausbildung aufgerufen werden, sind schon mehr als saftig. Schönen Dank auch, kein Interesse. Immerhin hat es in mir ein paar Denkspiralen ausgelöst. In einem anderen Zeitalter war ich mit Selbstzweifeln ganz gut vertraut, heutzutage jedoch kenne ich – ganz ohne Zynismus und absolut Arroganzfrei – meinen Wert ebensogut, wie das Preisschild, welches ich an meine Arbeit hängen kann. Und ich mache KEINE Mondpreise. Wenn ich das aber so offensiv vertrete, bin ich dann noch ein Zyniker? Ein geläuterter Zyniker? Ist die Definition von Wilde am Ende vielleicht falsch? Oder drifte ich doch langsam zum Sentimentalen? Immerhin werde ich ja bald 50, da fangen viele Leute mit diesem fatalen „Früher war alles besser“-Gedöns an. Ich bleibe da lieber bei Jochen Malmsheimer, wenn er sagt: „Früher war nichts besser. Früher war vieles früher, das ist richtig!“

NEIN, ich bin kein echter Sentimentaler. Ich erblicke allerdings in mancherlei Dingen von Früher etwas, dass mir vertraut ist, dass in mir Emotionen zu wecken vermag, die der innere Zyniker allzuoft allzugut im Griff hat. Das mich zurückwirft auf ein Zeitalter, da zwar Selbstztweifel in mir eine wesentlich größere Rolle gespielt haben als heute, in dem ich aber unschuldig und mit frischem Blick auf die Welt schauen konnte; und nicht wie heute mit dem Gefühl, dass doch eh alles nur noch eine menschlich wertlose, durch und durch bigotte, kapitalistische Konsum-Show ist – eben als Zyniker. Nun wäre es an der Zeit darauf hinzuweisen, dass Wilde über Zyniker auch noch etwas anderes gesagt hat: nämlich dass sie enttäuschte Romatiker seien… und damit relativiert sich das möglicherweise bis zu diesem Zeitpunkt entstandene Bild eines durch und durch vom Leben und den Menschen enttäuschten Wracks im absoluten emotionalen Tiefwinter. Nichts könnte der Wahrheit ferner sein, spüre ich doch sehr oft sehr intensiv, was in mir gärt und kocht, was der Welt und vor allem den Menschen in ihr ins Antlitz springen und sie anschreien möchte: „DENKT IHR DENN NOCH IRGENDWAS, ODER HAT DER KONSUM EUER LETZTES BISSCHEN HIRN ZERFRESSEN? SPÜRT IHR NOCH IRGENDWAS, ODER HAT EUCH DAS GEWITTER DER ÄUSSERLICHKEITEN VOLLKOMMEN TAUB UND STUMPF GEMACHT?“ Oh ja, da halte ich es mit Dr. Banner: „Wissen Sie Cap, mein Geheimnis ist – ich bin immer wütend!“

Ja, da ist ein Romantiker, der sich an Dingen erfreuen kann, die man, wenn man denn will, als feingeistig bezeichnen könnte. Und dieser Teil existiert in meiner Brust Tür an Tür mit dem incredible Hulk und einer weniger britischen Ausgabe von Dr. House; ich brauche auch kein Vicodin und keinen Gehstock. Dafür aber eine gehörige Portion Ambivalenz- und Ambiguitäts-Toleranz, denn die Jungs kämpfen manchmal auch miteinander. Und die drei, von denen ich bisher berichtet habe wohnen in meiner Seele nicht allein. Wir Menschen prägen im Laufe eines Lebens eine Menge Rollen aus. In meinem Fall wären das: Vater, Sohn, Freund, Feind, Chef, Untergebener, Berater, Beratener, Ehemann, Lehrer, Lernender… und noch viele andere. Und so selbstverständlich, wie wir – je nach Setting – die richtige Rolle so unbewusst und geschmeidig aktivieren, wie man einen perfekt passenden Anzug anzieht, so selbstverständlich sind die Echos aller mit den Rollen verknüpften Erinnerungen, Gedanken und Emotionen ein Teil von uns. Erst, wenn diese Echos vergehen, ist irgendetwas für immer kaputt. Ich wollte eigentlich nur eine saftige Glosse schreiben über diese scheinheiligen Arschgeigen, welche diese spezialisierte Ratgeber-Rubrik „Wie man sich von den Meinungen Anderer unabhängig macht!“ bespielen. Aber tatsächlich ist diese Aussage Käse, denn die Meinungen anderer haben – Kontextabhängig mehr oder weniger – einen Wert FÜR uns und damit Einfluss AUF uns. Kann man akzeptieren, oder auch nicht. Das ändert an der psychologischen Wirksamkeit überhaupt nichts. Und daher habe ich gerade über die Frage meditiert, ob ich schon vollends zum Zyniker geworden bin. Und jetzt denke ich, die Antwort lautet NEIN. Das ist doch schon was. Schönes Wochenende ihr flauschigen Flitzpiepen…

Auch als Podcast…

Der verwirrte Spielleiter N°54 – Sich drauf einlassen…

Ich hatte in letzter Zeit keinen Nerv, keine Muse, keine Kraft, selbst besonders viel zu produzieren, was die Bezeichnung Pen’n’Paper verdient gehabt hätte. Ich meine, ich habe genug Material, um noch die eine oder andere Kampagne zu fahren, ohne mich besonders anstrengen zu müssen. Aber ich war leer und ausgebrannt. Ein Zustand, der sich ja eine ganze Weile durch all meine Lebensbereiche gezogen hat, wie man unschwer an meinen sonstigen Posts lesen kann. Nun ist es so, dass Pen’n’Paper ZU SPIELEN für mich schon immer (zumindest subjektiv) die beste Therapie von allen war. Nennt es Eskapismus, nennt es Realitätsflucht, nennt es eine Coping-Strategy, nennt es einen iruklanischen Berg-Karakara-Braten – für mich funktioniert es; und dass ist verdammt noch mal das EINZIGE, was zählt. Nun ist es so, dass ich eine Weile lang abseits meiner üblichen Pfade nach alternativen Runden als Spieler gesucht habe. Und was soll ich sagen – irgendwie sind Rollenspieler doch manchmal komische Käuze. Mit denen, die eine Runde angeboten hätten, wurde ich nicht so recht warm. Dann habe ich mir etwas Gutes getan und bin endgültig aus Facebook ausgeschieden. Ich hatte mir damit allerdings auch den Weg zu manchem Angebot verbaut, weil viele Leute dort immer noch ihre Kontakte pflegen. Ich will das aber nicht, weil mich der ganze andere Scheiß drumherum nur noch anwidert. Daran hat sich in den letzten knapp zwei Jahren auch nichts geändert, eher ist es da noch schlimmer geworden. Trotzdem fehlt damit eine Möglichkeit, sich zu konnektieren. Und ehrlich gesagt renne ich auch nicht mit einer gut sichtbaren „Spielgruppe-gesucht!“-Badge an meinem Kittel rum. Scheiße gelaufen, nicht wahr…?

Ich gebe es offen zu, ich bin als Spieler in den letzten Jahrzehnten kritischer geworden. Vielleicht liegt es an meinem eigenen Qualitätsanspruch – falls man so etwas bei einem Hobby, dass hauptsächlich Spaß machen soll überhaupt haben darf – vielleicht aber auch daran, dass ich die eine oder andere … interessante … Erfahrung gemacht habe. Ich steh halt nicht so auf Railroading. Und ich hatte mal eine ziemlich gute Zeit, als ein alter Freund sich bereit erklärt hatte, zu spielleiten. Die Charaktere, die Story, die Settings, das Power-Level – alles vollkommen over the top! Wäre mit Sicherheit nicht jedermans Geschmack gewesen, aber mir hat es damals unendlich gut getan, die Sau rauslassen zu dürfen. Man konnte auch recht verrückte Ideen umsetzen, sofern man sie gut zu beschreiben vermochte und das Ziel irgendwie innerhalb der Kontinuität der Spielwelt erklärbar blieb. Die Herausforderungen machten das allerdings auch notwendig. Heute allerdings… ich weiß nicht, aber irgendwie fiel es mir anfangs immer noch schwer, mich drauf einzulassen. Und immerhin ist es eine Welt, die ich mit jenem guten Freund, der zurzeit auf der Spielleiter-Couch Platz nimmt zusammen entwickelt habe. Ich verlange vermutlich manchmal einfach zu viel. Weil es – für das Befinden meine Seele – viel zu selten stattfindet, soll es dann jedes Mal perfekt sein. Das konnte ICH als SL niemals, das kann vermutlich niemand als SL. Aber jetzt, so ganz langsam finde ich wieder zurück in den Charakter, in die Welt, in die Geschichte, ins Zocken. Und stelle fest, dass der lang vermisste therapeutische Effekt wieder einzusetzen beginnt. Und das ist GROSSARTIG!

Ausgerechnet ich, der immer so groß und breit über die „Willing Suspension of Disbelief“ referiert, der zuviel „Breaking of the 4th wall“ nervtötend findet, der immer sagt, dass er zu viel Seitengequatsche nicht leiden kann, der alles mögliche über Storytelling weiß und daher letzthin einfach viel zu viel analysiert hat, ANSTATT EINFACH ZU SPIELEN, um dann hinterher darüber zu mosern, was ihm alles nicht gepasst hat… ja genau ICH gehe in all diesen Dingen langsam auf. Und mir geht auch etwas auf – nämlich ein Licht, dass lange maximal gedimmt in den hintersten Kammern meines Hirns vor sich hin geflackert hat: Zocken bedeutet, sich vom Analysieren und Zerdenken zu verabschieden! Früher konnte ich das super! In den letzten Monaten war ich jedoch noch viel zu sehr im Master-Thesis-induzierten Analytiker/Akademiker-Modus, um echten Spaß haben zu können. Schluss damit! Ich will wieder über das Ziel hinausschießen und meinen Char einfach Sachen machen lassen, die mir in dem Moment in den Kopf kommen – am Liebsten vollkommen over the top. Und wenn ich danach ’nen neuen Char brauchen sollte, dann ist das halt so. Sich drauf einzulassen, tatsächlich zu spielen bedeutet, die analytische Komponente weitestgehend auszublenden. Natürlich darf ein Char – im Rahmen seiner/ihrer Kenntnisse und Möglichkeiten – vernünftige Entscheidungen treffen. Aber ich habe viel zu viel Meta-Gaming im schlechten Sinne betrieben, die Szenarien und Handlungen meiner Mitstreiter aus der Sicht eines SL BEWERTET, anstatt einfach meine Figur zu SPIELEN – und die Welt durch deren Augen zu sehen.

Solches Verhalten ist eine Mischung aus einem Tactician, der seine Mitspieler zu den taktisch sinnvollsten/erfolgreichsten Handlungen zu drängen versucht, weil er das Spiel „gewinnen“ will und einem Powergamer, der aus den gleichen Gründen seinen Char optimal auszubauen versucht => jede Situation wird als Wettstreit gelesen! In jedem Fall war ich auf der dunklen Seite des Gamism unterwegs. Denn Pen’n’Paper kann man nicht gewinnen. Das Schöne daran ist, dass man ja (zumindest theoretisch) aus seinen Fehlern lernen kann; und da ich nicht vorhatte, vollends zu einem Toxic Player zu degenerieren, probiere ich mich jetzt wieder als Storyteller, also als ein Spieler, der vor allem eine coole, spannende, schicksalsträchtige und hoffentlich auch ein bisschen lustige Geschichte mit gestalten möchte. Denn an der Entstehung der Story sollen ja alle am Tisch Teil haben. Diese Erfahrung beweist mir einmal mehr, dass Pen’n’Paper nicht nur mit dem Kopf, sondern vor allem mit dem Herz gespielt wird, dass der Spaß für alle im Vordergrund stehen sollte, und dass man die Dinge nicht zu ernst nehmen sollte. Sonst wird aus einem Spiel ein Wettkampf. Und davon habe ich im realen Leben schon mehr als genug, dass brauche ich am Spieltisch nicht auch noch. [Kleiner Hinweis: ich spielleite immer noch, und auch wieder mehr. Und mir ist auch dort aufgefallen, dass ich Dinge letzthin manchmal zu sehr technisch abgespult habe. Ich gelobe Besserung. Die Muse kehrt langsam zurück; und die Macht ist noch stark in dem hier… 😉] Daher freue ich mich auf die nächsten Sitzungen, wenn ich wieder in die Rolle fallen darf… always put your heart in it, when you game on!

Auch als Podcast…

Verdammt – schon wieder Sonntag…?

Ich sah die Tage auf Insta ein kleine Bildergeschichte, die ungefähr so ging:

Mitarbeiter und Chef in Videokonferenz
Chef: "Mir ist aufgefallen, dass Sie jeden Tag exakt um 09:00 ein- und um 17:00 ausstechen..."
Mitarbeiter: "Ja, ich bin um 17:00 mit meiner Arbeit fertig."
Chef: "Sie gehen also nach Hause, wenn alle anderen noch arbeiten?"
Mitarbeiter: "Ja, da ich mit meiner Arbeit fertig bin."
Chef "Sie wissen, dass bald Beförderungen anstehen und dass jemand, der nicht etwas mehr für den Laden tut, dann leicht übersehen werden kann...?"
Mitarbeiter: "Oder ich stehe auf der Liste ganz oben, weil ich effizienter arbeite, als alle anderen. ICH bin um 17:00 mit meinen Aufgaben fertig!"
Chef: "...?"
Mitarbeiter: "Ich kann Ihnen ja auch mal zeigen, wie man es schafft, vor 20:00 rauszukommen. Es braucht nur ein wenig Übung. Und schon hat man auch wieder ein Privatleben! Ah... wir haben 17:00"
Mitarbeiter loggt sich aus
Chef:"...?"
Der kleinen Ziege ist der Boss egal – sei wie die kleine Ziege!

Um es gleich vorwegzunehmen: die kleine Geschichte bekam einen shitload of hate von Menschen, die es offenkundig gewohnt sind, „die Extrameile zu gehen“; viele von ihnen stammen zudem anscheinend aus den USA, wo das mit der Arbeit noch mal eine ganz andere Geschichte ist. Aber warum, wenn ich mal ganz frech fragen darf, sollte ich mich von jemandem auffordern lassen müssen, mehr zu tun, als vertraglich vereinbart wurde? Ich meine – ja, es gibt Menschen, denen ihre Arbeit so viel Freude bereitet und so viel (positive) Herausforderung bietet, dass sie gerne etwas mehr geben. Dann gibt es jene Menschen, die mit einem typischen 9-to-5-Model nix anfangen können, weil ihr (zirkardianer) Biorhythmus, ihre Lebensgewohnheiten, ihre Sozialisation, ihre psychische Verfasstheit nicht mit 9-to-5 zusammenpassen. Ich gehöre übrigens auch in diese Kategorie. Wenn ich könnte, wie ich wollte, würde ich mir meine Wochenarbeitszeit kreuz und quer über die Tage legen und käme wahrscheinlich trotzdem immer noch auf 5 – 10% mehr, als ich eigentlich müsste. Weil ich gerne an Problemen tüftele, mich unterschiedlichste Themen aus meinem Fachbereich interessieren und beackert werden wollen, weil mein Job sehr vielfältig und fordernd ist. JA, er ist manchmal auch mit Arschlöchern durchsetzt; aber die findet man, Gauß’schen Normalverteilungen zufolge überall. Trotzdem fickt mich dieses ewiggestrige Modell des Festzeit-Präsentismus so sehr, dass ich immer wieder überlege, mir einen Job mit fester Home-Office-Garantie zu suchen, selbst, wenn ich dann weniger verdienen würde. Weil mich dieses „Sie müssen im Büro sichtbar sein!“ an preußische Gutsbesitzer erinnert, die ihre Länderein abschreiten, um nachzuschauen, ob die Frohndienste auch sauber erbracht werden. WAS FÜR EIN SCHWACHSINN!

Dass Lehrkräfte für die verschiedenen Unterrichte da sein müssen, die sie zu geben haben, dass es Sprechzeiten für Auszubildende und die anderen an der Ausbildung beteiligten Stellen geben muss, steht außer Frage. Dass ich als Administrator auch noch für einen Haufen anderer Menschen erreichbar sein muss, werde ich nicht bestreiten. Aber ganz ehrlich: Klausuren korrigieren, Stoff noch mal tiefergehender recherchieren, Unterricht vorbereiten, Distanzlehreveranstaltungen entwickeln und zusammenbauen, strategische Planung und Entwicklung – all das geht mir in meinem eigenen dedizierten Büro, so klein es auch sein mag, IMMER besser von der Hand, als im großen Lehrerzimmer oder meinem Präsenz-Office, wo sehr häufig am Tage jemand hereinspaziert kommt und mich ablenkt. Wenn dann noch eine zwanghafte Orientierung an der Uhr dazukommt, macht mich das mit der Zeit, müde, mürrisch, unglücklich – und vor allem ineffektiv und weniger produktiv. Und es ist definitiv nicht mein Ziel, zu wenig oder zu schlechte Arbeit abzuliefern. MICH hat schon sehr lange niemand mehr aufgefordert, dass ich länger bleiben müsse. Wohl aber haben Leute in letzter Zeit zu spüren bekommen, was passiert, wenn ich mich auf andere Weise zu sehr gegängelt fühle. Und das fanden sie nicht so gut, dass da offensichtlich immer noch Dämonen hinter der Fassade lauern, die man mit der richtigen (oder besser: falschen) Strategie aufwecken kann; und die dann allen Beteiligten den Tag versauen können. Wie schon des öfteren gesagt: meine Toleranz für Bullshit ist bei ZERO; und sie wird auch nicht wieder steigen!

Immer wieder kommt es zu Auseinandersetzungen über die strategische Ausrichtung und die Modalitäten der Kommunikation; und immer wieder sage ich mittlerweile laut „NEIN“, wenn ich das Gefühl habe, Dinge tun zu sollen, die sinnlos sind. Auch steht regelmäßig das Thema Präsentismus auf der Tagesordnung – und irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass man mit mir nicht mehr darüber reden möchte. PECH GEHABT. Denn Präsentismus vertreibt Mitarbeiter, vernichtet oft mehr Output als er Synergien schafft und nervt ganz allgemein Menschen, die anders funktionieren als eine gut geschmierte 9-to-5-corporate-drone zu Tode. Mal ganz davon abgesehen, dass die körperliche Anwesenheitszeit am Arbeitsplatz mit erledigter Arbeit gleichsetzen zu wollen in etwa so sinnvoll ist, wie der Versuch, Alligatoren das Fliegen beizubringen. Jeder weiß doch, dass das nur mit Haien geht; und nur in der Tornadosaison… Hübsche Hutständer, deren tatsächlicher Leistungsoutput – umgekehrt proportional zur Menge bewegter heißer Luft – gegen Null konvergiert, gibt’s in jedem Laden. Meistens haben diese Kanaillen auch noch die allergrößte Klappe. Und sind super darin, mit den richtigen Leuten bei den richtigen Anlässen einen zu heben, um persönlich voran zu kommen. Selbstdarsteller eben. Konnt ich noch nie gut; ich neide den Leuten ihren Erfolg aber auch nicht, denn im Arsch vom Chef ist es halt auch dunkel und stickig. Das muss man wollen! Wenn es nach mir ginge, ließe man mich (und mein Team) einfach in Ruhe unseren Job machen und in regelmäßigen Abständen Informationen liefern. Aber so einfach wird es wohl nicht so schnell werden. Schade eigentlich. Ist morgen tatsächlich schon wieder Montag…

Auch als Podcast…

Reality Reloaded!

Jeder Mensch macht sich seine eigene Realität! Man könnte diesen Satz einfach so stehen lassen, an Donald Trump und Konsorten mit ihren „alternativen Fakten“ denken und ein Schulterzucken später wieder zum „business as usual“ übergegangen sein; oder man denkt doch noch mal ein bisschen darüber nach, was das EIGENTLICH bedeutet. Ich meine, jede*r von uns (Erwachsenen) nimmt die Welt auf Basis seiner/ihrer zuvor gemachten Erfahrungen wahr. Das bisherige Erleben strukturiert somit das folgende Erleben. Jemand, der zum Beispiel in seinem ganzen Leben immer nur ausgenutzt und beschissen wurde, wird ein x-beliebiges, günstiges Angebot mit großem Misstrauen beäugen und vermutlich ausschlagen, weil hier in seiner Realität doch nur wieder eine weitere Enttäuschung lauert. Eine andere Person mit positiveren Erfahrungen hingegen… man weiß es nicht, aber es klingt plausibel, anzunehmen, dass dieser Mensch anstatt eines Risikos oder eine Falle eher eine Chance zu erkennen vermag. Das ist nur ein Beispiel, wie sich individuelle Faktoren, wie das soziale Umfeld und Kapital, Bindungserfahrungen, Peergroups deren Teil man ist, schulische und außerschulische Lernerfahrungen, etc. auf die Struktur der Wahrnehmung unserer Welt auswirken, die sich im Umkehrschluss in der Struktur der, in der eigenen Psyche rekonstruierten Realität wiederfindet! Hier allerdings Kausalität unterstellen zu wollen (er/sie ist, so, weil das Elternhaus, die Schule, der erste Lebensabschnittspartner so waren) ist aus wissenschaftlicher Sicht großer Kokolores. Bestimmte Erfahrungen steigern Wahrscheinlichkeiten, aber Menschen sind nun mal (oder doch Gottseidank) keine Maschinen, die man per Algorithmus steuern kann.

Generated with Bing Image Creator, powered bei DALL-E 3…

Ich stolperte heute beim Stöbern in einem Buchladen, für den ich von meinem letzten Geburtstag noch einen Gutschein hatte über eine Publikation von David Chalmers aus 2022: „Realität +. Virtuelle Welten und die Probleme der Philosophie.“ Und das Buch fasziniert mich, weil Chalmers (u. A.) die Hypothese vertritt, dass wir NICHT beweisen können, dass wir nicht in einer Simulation leben. Ein Hoch auf die Matrix könnte man süffisant lächelnd deklamieren. Tatsächlich geht es ihm wohl eher um die Frage, welche Haltung wir, im Angesicht einer sich dramatisch schnell ändernden Welt, die eben auch immer mehr mit Simulation angereichert wird, zur fortschreitenden Vermischung von Realitäten haben wollen? Denn mit Augmented und Virtual Reality als Teil unserer Welt, der sich immer häufiger in der Arbeitswelt, der Bildung, aber eben auch der Freizeit wieder findet brauchen wir Haltungen zu diversen komplexen Fragen: sind VR und AR Illusionen, oder andere Realitäten? Wieviel von unserem Leben ist eine Simulation, wie viel Realität und kann bzw. soll man das überhaupt unterscheiden? Wie kann man in einer simulierten Realität ein gutes, ein richtiges Leben führen (Adorno anybody: „Es gibt kein richtiges Leben im falschen“)? Ich denke, dass wir gut beraten sind, uns dringend mit solchen Fragen auseinanderzusetzen. Insbesondere jetzt, da Artificial Intelligence, oder zumindest ihr Herold in Form von Large Language Models Einzug in verschiedene Lebensbereiche hält.

Ich experimentiere momentan mit verschiedenen AI-Tools für meine kreativen Workflows herum, weil ich denke, dass man nicht alles zu Fuß machen muss, wenn es dafür geeignete Substitute gibt. Ich fahre ja auch nicht mit einem Eselkarren einkaufen oder in Urlaub, beleuchte Abends die Wohnung nicht ausschließlich mit Kerzen; und am RTW findet der Beladeprozess heute mit elektrohydraulischer Unterstütztung statt. In diesem Sinne sind LLMs auch nur ein Werkzeug. Das Bild weiter oben hat Bing Image Creator (unter der Haube steckt da DALL-E 3) auf Basis eines von mir vorgegebenen Prompts erstellt. Je mehr man spezifiziert, desto präziser treffen diese Kreationen die eigene Vorstellung und es bedurfte einiger Versuche für dieses Ergebnis. Insgesamt würde ich die Erfahrungen als befriedigend bis gut einstufen, sie weisen aber auf eine Eigenheit von aktuell frei verfügbaren LLMs hin, mit der man umzugehen lernen muss: diese rudimentären AI-Anwendungen brauchen hoch präzise Angaben, um das Richtige ausspucken zu können. Das bedeutet, dass der kreative Prozess sein Antlitz verändert. Ich selbst beginne eine Skizze (etwa im Bikablo-Stil) und denke mir die Elemente mit dem Stift nach und nach dazu; streiche, korrigiere, redigiere. Und während das passiert, ändert sich meine Wahrnehmung, mein Denken über das, was ich visualisieren möchte. Hier mit DALL-E 3 hingegen brauche ich eine komplett fertige Idee vor meinem geistigen Auge, die ich so treffend wie möglich beschreiben muss, damit das Ergebnis passt. Beide Workflows sind kreativ, intuitiv, spielerisch – aber dennoch grundverschieden.

Letztlich treibt mich nun die Frage um, inwieweit ich gerade die Simulation eines Arbeits-Prozesses erlebe, wenn ich verschiedene Teile einer Arbeit, die ich bislang selbst getan habe an ein LLM auslagere und im Gegenzug die Kontrolle über diesen Prozess durch eine Steigerung gedanklicher und folgend sprachlicher Präzision wiedergewinnen muss? Ich bin mir noch nicht sicher, aber den obigen Überlegungen folgend muss ich wohl oder übel bald eine Haltung dazu einnehmen. Mal sehen, ob mir Chalmers Buch dabei helfen kann.

Auch als Podcast…

Springtime Relief!

Ich bin eine Gadget-Hure. Man kann das drehen und wenden wie man will, aber technische Geräte, die einem (oft nur vorgeblich) das Leben erleichtern, faszinieren mich. Ich bin heute, obschon mit besseren finanziellen Mitteln gesegnet, allerdings nicht mehr so schnell dabei, mir Dinge, die mich interessieren einfach zu kaufen. Mag an einem stetigen Überdenken meines Konsumverhaltens liegen, oder daran, dass ich wirklich gerne Reviews lese. Und dann zwangsläufig auch über jene stolpere, die dieses oder jenes echt coole Dingens als exakt so scheißig entlarven, wie es das auch ist; oder auf Probleme in der praktischen Nutzbarkeit hinweisen. Oder den Zweck des Gerätes als solchen in Frage stellen. Wie viele analoge Notizblöcke und Stifte kann man für ein remarkable(c) kaufen? (ein E-Ink-Tablet, mit dem man genau eine Sache tun kann: handschriftliche Notizen auf einem elektronischen Gerät aufzeichnen, dass sich anfühlt, wie Papier…) Ich denke halt oft darüber nach, wie ich meine kreativen Prozesse besser, geschmeidiger, effektiver gestalten kann. Und manchmal komme ich dabei auf das schmale Brett, dass Tech alles besser macht. Augerechnet ich als Pädagoge müsste es doch besser wissen, oder…? Wahrscheinlich liegt es daran, dass wir Menschen des frühen 21. Jahrhunderts immer noch an das Fortschritts- und vor allem das Coolness-Versprechen glauben, dass uns seit Jahrzehnten von verschiedenen Konzernen tagtäglich ins Hirn gehämmert wird. Anders kann man es sich kaum erklären, dass die Firma Apple so groß geworden ist, mit Produkten, die andere genausogut entwickeln und herstellen können.

Ich werde dieses Jahr 50 und scheine manchmal trotzdem immer noch zu denken wie ein 20-Jähriger. OK, Jungs werden 14 und wachsen danach maximal noch an Höhe und Breite; dennoch ist es ernüchternd, sich für so unglaublich reflektiert zu halten, um trotzdem wieder und wieder Artikeln auf den Leim zu gehen, die darüber berichten, welche Tech und welche Methoden man UNBEDINGT braucht, um seinen creative workflow auf Level zu bringen. Alleine die Menge an Brechreiz erregendem Marketingsprech, die viele Artikel über Kreativ-Gadgets und Kreativ-Methoden und Kreativ-Räume, sowie die sie erzeugenden Journaloiden umwölkt, könnte mir ein Indikator für die aufgeblasen-scheißige Hohlheit des Inhaltes sein. Und doch… blöd bleibt manchmal blöd. In den vergangenen Monaten war ein Grund – und das soll hier wirklich nichts entschuldigen – der Umstand, dass ich nicht so ganz ich selbst war. Gefangen in einer Dunkelschleife, welche die üblichen Probleme mit sich brachte: Dünnhäutigkeit, Selbstzweifel, Aggressionen, Vermeidungsstrategien, Antriebslosigkeit, gelegentliches Prokrastinieren – und natürlich den Gegenpol: krankhaftes Schuften auf der Suche nach Erfolgserlebnissen. Name it, I know it! Been there, done that… Die unnütze Suche nach dämlichen Gadgets und anderer Leute neuen Ideen (die ich eigentlich selbst schon im Überfluss habe) fällt gleich in mehrere der vorgenannten dysfunktionalen Coping-Strategien. Und ich frage mich, wie viele Andere sich irgendwelchen Müll kaufen, um eine Leere auszufüllem, die mit ein bisschen Lachen, Lesen (BÜCHER), menschlicher Nähe, Sonnenlicht und sozialer Aktivität viel besser zu füllen wäre?

Doch es sieht nun wenigstens für mich ein bisschen so aus, als wenn das Eis langsam bricht. Man mag gar nicht darüber nachdenken, dass Ende nächster Woche evtl. noch mal ein Wintereinbruch kommen soll. Ich kann das Grau in Grau nicht mehr sehen, ich brauche jetzt Frühling. Nicht nur, weil man dann wieder etwas mehr draußen unternehmen kann, wodurch mein Vitamin-D-Pegel auch nicht mehr per Substitution gepushed werden muss. Ebenso nicht, weil bei Sonnenschein gefühlt alles ein bisschen leichter fällt. Sondern weil ich spüre, dass der Griff meiner Depression wirklich nachlässt, der mich dieses Mal mehrere Monate nicht richtig hat zur Ruhe kommen lassen. Ich kann nicht leugnen, dass es mir derzeit immer noch schwer fällt, richtig gut draufzukommen. Und die Arbeit ist derzeit nicht eben ein Quell steter Freude, weil immer neue Hürden auftauchen, die nur selten einfach zu bezwingen sind. Aber es wird. Ganz langsam wird es wieder! Und ich darf erneut feststellen, dass oft der Wunsch nach Konsum nicht mehr ist, als ein gut versteckter Mangel an etwas anderem. Ich habe heute Morgen vor der Playse gesessen und gezockt, war danach mittags im Sonnenschein mit der besten Ehefrau von allen am Rhein spazieren. Danach haben wir uns allen daheim ein köstliches Mal bereitet und nun sitze ich hier und schreibe diese Zeilen. Und ich fühle mich einmal mehr gesegnet, über etwas von meiner Zeit selbst verfügen zu dürfen. Denn dann ergeben sich bei mir die Kreativität, so manche Problemlösung, soziales Miteinander und Zufriedenheit ganz von selbst. In diesem Sinne – startet bedacht und trotzdem offen in die neue Woche. Noch ist der Frühling fragil…

Auch als Podcast…

Review of a dark voyage…

Lebend sterben oder sterbend leben – wo ist der Unterschied, wenn man nichts fühlt…? Ich haste vorwärts, auf der Suche, nein auf der Jagd… doch nach was? Nach Sinn vielleicht, nach Erkenntnis, oder doch nur nach einer neuen Möglichkeit die Zeit, die mir geschenkt ist sinnlos anzufüllen. Sinnvoll anzufüllen? Doch mit was? Mit Worten oder mit Taten? Mit Gedanken oder mit Aktion? Vielleicht einfach mit Nichts; was süßer sein kann als alles andere zusammen, aber einen unangenehmen Geschmack im Mund hinterlässt, metallisch wie Blut, wenn man sich auf die Zunge gebissen hat. Habe ich verschwendet? Zeit, Geld, Ressourcen nicht optimal ausgenützt? Manage ich mich als Unternehmen im Kampf gegen all die anderen Ich-Unternehmen erfolgreich genug oder wirft mein Leben doch nicht ausreichend Profit ab? Was ist der Lebensprofit überhaupt? Ich haste weiter auf der Jagd. Stelle ich überhaupt die richtigen Fragen oder drehe ich mich nur im Kreis? Drehe ich mich um mich selbst, so wie es meine Natur ist? So wie es des Menschen Natur war, seit er glaubt, das Denken gelernt zu haben; was aber nicht mehr tolerierbar ist in einer Welt, in der sich alles irgendwie um etwas dreht, aber nichts mehr bedeutet als das, was es kostet. Koste ich oder werfe ich ab – und falls ja was oder wie viel und für wen? Belaste ich, oder entlaste ich? Auf welche Art verlaste ich? Nämlich all die Fragen auf meiner Seele, auf die keine Antworten gegeben werden, es sei denn, ich suche sie selbst; in mir, in dem was ich tue, darin wie ich es tue, wen ich damit auf welche Weise berühre und was das für mich bringt oder was es mich kostet. Denke ich also überhaupt? Und falls ich es zustande bringe, komme ich damit irgendwann irgendwo an…?

Und wieder treiben mich meine Gedanken weiter, denn diese bleiben nicht stehen; sie kommen stets schneller, als meine Finger sie der Tastatur zu schenken vermögen, weitaus mächtiger, als alles, was meine dürren Worte zu vermitteln fähig sind, komplexer, lieblicher, grausamer, seltsamer, verschlungener, verstörender, verführender, immer anders und doch stets gleich, denn es sind meine Gedanken und ich kann sie teilen oder es lassen. Ganz wie es mir beliebt! Empfinde mich plötzlich als reich, denn ich bin der Herr all des Gedachten, das sie vielleicht nie erfahren können, denn ich schenke nicht alles, was mich ausmacht, nur soviel, das es eben genügt, Bilder in den anderen Köpfen ringsum entstehen zu lassen.

So lebe ich sterbend, denn mit jedem Gedanken, der mich verlässt und in der Welt sein Unheil anrichtet, schenke ich euch einen Teil meiner Energie her! Und auch wenn das – spärliche – Feedback einen Teil dieser Kraft vielleicht recycelt; war das Geäußerte nur originell genug, kann es nicht reproduziert werden und eine neue Originalität kostet neue Kraft! Ich will ich mich doch stets aufs neue selbst finden, in dem was ich denke und sage, will schaffen, will erschaffen und wieder finden, was ich beim herschenken meiner Worte zu verlieren glaube. Bin doch Narr genug, bis heute nicht verstanden zu haben, warum der Krug denn ich so gerne ausgieße sich immer aufs Neue füllt, auch wenn ich mich dafür Jahr um Jahr etwas mehr anstrengen muss. Bin gesegnet mit vielen Dingen, mit wundervollen Menschen um mich, und manchmal mit Inspiration und dem Wunsch diese zu teilen, ohne Rücksicht auf die Konsequenzen, ohne Ziel – aber immer mit der Angst sie ungenutzt verglühen zu lassen, wenn ich sie nicht rechtzeitig teile! Haste also weiter, atemlos, überwältigt von dem was mich treibt, unfähig zu begreifen warum, und ebenso chancenlos, vorher zu erfahren wohin. Also lasse ich mich einfach treiben, genieße den Ritt wie eine Zugfahrt mit dem Glacier-Express. Die Landschaft rauscht vorbei, zu schnell um jedes letzte Detail einsaugen zu können, aber doch langsam genug um zu begreifen, dass ich dieses Panorama nicht begreifen kann. Denn was hier erschaffen wurde, ist zu gewaltig um es verstehen zu können. Bestenfalls habe ich genug Kraft es zu würdigen; also würdige ich nach Kräften, während der Sog mich fortzieht, denn das Leben ist zu kurz um es an EINEM Panorama zu verschwenden, wenn es doch noch so viele andere gibt, an deren Schönheit man verzweifeln möchte, weil sie einem die eigene Unzulänglichkeit, die eigene Schwäche zeigen, mit sanftem Spott. Man erkennt einfach nur eine Grenze. Es gibt so viele Grenzen, aber diese eine, die vermutlich mächtiger ist als alles andere, die muss jeder irgendwann begreifen lernen.

Sterbe ich also tatsächlich lebend? Biologisch betrachtet jeden Tag ein bisschen, da ich das zarte Alter von 25 schon lange hinter mir gelassen habe aber das ficht mich nicht, denn noch ist der angebliche Verfall mit weitestenteils verkraftbaren Zeichen einhergegangen. Und doch kann ich nicht leugnen, dass ein Teil stirbt. Die Leichtigkeit, das unerhört freie Gefühl der Unsterblichkeit, das lässige Drauf-Scheißen, die Spontaneität; all diese sündigen Vorzüge der frühen Jugend sterben tatsächlich mit jedem Tag ein bisschen, weil das Leben ein winziges Mehr an Verantwortung, an Notwendigkeit, an Kompromissbereitschaft injiziert. Ohne, dass man es fühlen kann. Und plötzlich ist sie da, diese Ohnmacht, wenn man begreift, dass man etwas verloren hat, von dem man sich immer geschworen hatte, es stets im Herzen festzuhalten. Es drückt, es würgt mich, es wirft mich nieder, lässt mich entsetzt, atemlos und zugleich vollkommen leer zurück. Narretei! Vergiss die Freiheit, denn du bist ein Rädchen im Getriebe der Welt und ohne diese Rädchen gibt’s auch die Welt nicht mehr, in der du es dir so schön eingereichtet hast. Höhnisch klingt die Stimme der Ratio in meinem Schädel, verlacht mich ob meinem kindischen Wunsch nach mehr Freiheit, nach frischem Geist, nach all dem, was ich mir verloren glaube. Ich will schreien, will aus dem grauenhaften Alptraum erwachen, will fort, will nicht mehr sterbend leben – doch plötzlich fühle ich!

Ich entdecke nun, dass der Funke NICHT fort ist, ich habe ihn nur unter dem Gebirge der Verpflichtungen verkramt, auf dem Schreibtisch meiner Seele unter den ganzen Rechnungen gestorbener Träume und enttäuschter Hoffnungen vergessen. Doch er glimmt nicht nur, er strahlt, hat kaum an Kraft und Glanz verloren. Plötzlich wird die Hast zur Ruhe, die Rastlosigkeit zur Gewissheit. Begreife plötzlich, woher die Kraft kommt, die gerne hergeschenkte und darob niemals verschleuderte. Weiß, was mich treibt, was mich hetzt, was mich nicht stillstehen lässt. Und plötzlich ist egal, ob ich lebend sterbe oder sterbend lebe, denn ich fühle – fühle die unbändige Lust, auf’s neue Bilder in die Köpfe der Menschen zu schicken. Bilder, die – so hoffe ich jedenfalls immer noch – Kraft in sich tragen und vielleicht den einen oder anderen dazu bringen, nach seinem eigenen Funken zu suchen. Denn er ist ganz sicher da … und wartet nur darauf, wieder gefunden zu werden!

Auch als Podcast…

Simulation eines Epilogs…

’n bisschen altes Geschreibsel. Das Gehirn muss ab und an entschlacken. Enjoy and comment, if you wish.

Tagesspaziergangsbefund: Dalmatiner- oder Elfen-Krokus…
Tick...
Der Blick schweift durch den Raum und bleibt hängen an dem alten Regulator in der Ecke, und wie sein Pendel langsam, geradezu bedächtig hin- und her schwingt, im hypnotisierenden Rhythmus des einzigen, universalen Herzschlags – das letzte, das einzige Limit, das wir Menschen noch nicht überschritten haben, aber nur weil selbst unsere kühnsten wissenschaftlichen Wagnisse uns dies Geheimnis noch nicht enthüllen konnten. 
Tack...
Wie dicke Regentropfen, die an einem kalten, nebeligen Herbsttag auf einen kleinen Teich hernieder prasseln, so passieren die ankommenden Eindrücke meine Augen, um in den See meiner Erinnerungen hineinzufallen. Und so wie die Tropfen schlägt jeder Moment, jeder Gedanke, jede Emotion Wellen – Wellen, welche die Oberfläche verwirbeln, und es unmöglich machen tiefer in den See hineinzuschauen, zu sehen was er wohl enthalten mag.
Tick...
Die Augen seien das Tor zur Seele des Menschen, doch was ist eine Seele. Ist sie einfach nur die Summe alles Erinnerten und Gedachten, eine Art sich selbst programmierende Handlungsmatrix? Sind es die Emotionen, die zweifellos all unser Tun leiten, ganz gleich wie logisch zu Handeln wir auch glauben? Oder ist sie vielleicht doch eine abstrakte Form von Energie, gegeben von einer namenlosen Schöpferkreatur, gedacht uns auch die Kraft zur Schöpfung zu geben? Ganz gleich was sie auch sein mochte, einen Blick durch dieses Portal könnten wir nur tun, wenn das Individuum sich vor all diesen störenden Einblicken abschotten könnte, doch selbst unsere Beobachtung wäre Stimulus genug, dies Vorhaben zum Scheitern zu verdammen.
Tack...
Wieder kommen die alten Fragen hoch, die Zweifel, die Ängste, sie zerreißen mich, zerreißen das sorgfältig gewobene Gespinst, welches ich meine Existenz nennen möchte, doch nicht länger kann. Immerzu wollte ich Antworten, doch gleich wie viel ich in Erfahrung brachte, wie viel mehr ich auch lernte, gab es keine Befriedigung und auch keinen Frieden. Meine Vendetta gegen dieses Sein, sie war verloren, einmal mehr und doch … doch konnte ich keinen Groll verspüren, keinen Hass. Wie sollte man auch etwas hassen, das keinen Körper, keine definierte Form, keine … Wahrhaftigkeit besaß?
Tick...
Meine Seele ist verloren. Ich bin mir nicht einmal sicher, dass ich je eine besessen habe. Eigentlich ist es auch gleichgültig, denn ich hätte eh nicht begriffen, was ich verloren hätte, bevor die letzte Chance, es zu ändern vorüber gegangen war. Immerhin hatte ich diesbezüglich Konsequenz gezeigt. Nun wie dem auch sei, dieser letzte Moment, bevor es so weit ist, bevor das Unausweichliche beginnt, er fühlt sich an wie eine verdammte Ewigkeit. Ich fühle nicht, ich atme nicht, ich denke nur. Und in der Zeit, die sie gebraucht haben, die unwesentlichen, nichtsdestotrotz mit beinahe unendlicher Geschwindigkeit produzierten Projektionen meiner cerebralen Tätigkeit zu konsumieren, ist der letzte Schritt getan, und nichts, rein gar nichts wird … nein KANN je wieder so sein, wie es war. Ganz so, als ob der Rhythmus des universalen Herzschlags ins Stolpern gekommen wäre!
Ta...

Looking forward to look back…

Isn't it funny how 
day by day 
nothing changes,
but when you look back
everything is different...
(C. S. Lewis)
Bald wird das Licht wieder so schön…

Wenn du das Gefühl hast, Menschen nicht zu erreichen, gibt es dafür aus meiner Sicht drei mögliche Gründe: 1) du hast sie tatsächlich nicht erreicht, 2) du hast Zuhörer, die eine Weile länger für den Reflexionsprozess brauchen als andere, oder 3) du bist zu hart zu dir selbst. Man sollte sich ab und an den Luxus gönnen, sich dafür zu entscheiden, an Grund Nummer 3 zu glauben. Denn wissen kann man es sowieso niemals sicher. Dieser Sachverhalt ist eines der Probleme, mit denen Geschichtenerzähler in ihrer Tätigkeit öfter zu kämpfen haben – und zwar vollkommen egal, wo, wie, wem und warum sie ihre Geschichten erzählen. Ja sicher, manchmal reißt man sie alle mit und kann es auch sehen (oder besser fühlen), dass alle gerade in die Erzählung eingetaucht sind, mit dieser interagieren (wollen) und sich dabei wohl fühlen. Aber oft sitzen/stehen/gehen alle umher und du bekommst dieses Gefühl, dass, obwohl du dir mit deiner Erzählung echt Mühe gegeben hast, trotzdem nicht dabei rumkommt, was eigentlich rumkommen sollte. Und dann bin ICH der Typ, der nicht den anderen die Schuld dafür gibt, dass es nicht so gelaufen ist. In diesem Moment beziehe ich mich gerade auf eine Simulation, die ich für berufliche Bildungs-Belange inszeniert habe und mit der ich nicht zufrieden bin, ohne wirklich sagen zu können, wo das Problem lag – oder ob es tatsächlich eines gab. Es gibt einfach Teilnehmer-Gruppen, die nicht so homogen sind und bei denen es mir deswegen sehr schwer fällt, zu lesen, was da gerade vor sich geht. Und es ist jetzt nicht so, dass ich nicht regelmäßig üben würde.

Es gibt im englischen den Begriff „jaded„, der einerseits „abgestumpft“ bedeuten kann, andererseits aber auch „matt“ oder „übersättigt„. Und ich hatte irgendwie den Eindruck, dass meine Bemühungen bei einigen auf ein kaltes Lächeln gestoßen sind, weil sie einfach jaded waren; durch die begriffliche Ambiguität ist der vorgefundene Zustand einfach besser beschrieben. Oder ich täusche mich gewaltig. Was definitiv nicht ohne Präzedenz wäre. So oder so war ich gestern zwar erleichtert, die Woche endlich hinter mich gebracht zu haben, weil sie so vollgestopft war mit Arbeit und (teils unnötigen) Diskussionen. Ich war jedoch nicht so zufrieden mit dem Ergebnis meines Wirkens. Was mich in der Folge regelmäßig dazu bringt, über die Begriffe „Selbstbild“ und „Anspruch“ nachzudenken. Denn aus berufsbildnerischer Sicht bin ich mir nicht sicher, dass ich die TN so zum Lernen und Reflektieren anregen konnte, wie ich das von mir selbst erwarte. Auf der anderen Seite sitzt der weniger selbstkritsche Teil und sagt:“ Fuck off bastards. It’s on YOU, wether you succeed in the end, or not! So – let’s call it a day, I’ve got places to visit and things to do all FOR MYSELF!“ Oder etwas freundlicher: Erwachsenenbildung ist ein freibleibendes Angebot und jede’r ist seines/ihres (Un)Glückes Schmied! Dass ich gelegentlich von meiner Arbeit träume und morgens in diesem Dazwischen – noch nicht ganz wach, aber auch nicht mehr ganz in Morpheus Armen gefangen – des öfteren Job-Probleme wälze, anstatt irgendwelche netten, anregenden, unterhaltsamen Phantasien heraufbeschwören zu können, sagt hier wohl mehr als genug darüber aus, wie wenig ich die Dinge an meinem Arsch vorbeilaufen lassen kann… Anscheinend bin ICH immer noch nicht jaded!

Und bevor jetzt irgendwer mit wohlfeilem Gen-Z-Gejammer daherkommt… das ist mir als Erklärung zu kurz gedacht, auch wenn die allermeisten TN dieser willkürlich definierten Kohorte zugehörig sind. Ob sie sich allerdings dem, oft genug multimedial heraufbeschworenen „Mindset“ auch zugehörig FÜHLEN, kann ich nicht mit Sicherheit sagen; tendenziell würde ich eher für „NEIN“ plädieren. Aber das ist zu 100% gebaucht, nicht geforscht. Worauf ich allerdings hinaus will ist folgendes – ich kennen die TN schon länger und ich kann mit Sicherheit sagen, dass sich im Verlauf der Zeit sehr wohl etwas verändert hat – in Einzelpersonen, aber auch im Umgang miteinander und mit anderen. Wenn irgendwas konstant ist, dann der Wandel; und ich würde die positiv veränderten Aspekte sicher NICHT auf unsere pädagogischen Interventionen zurückführen. Vielleicht bei einen Teil, aber sicher nicht bei allen. Mit Blick auf das Anfangs aufgeführte Zitat von Clive Staples Lewis (den man üblicherweise für seine „Die Chroniken von Narnia“-Bücher kennt) wird aber klar, dass einem im day-to-day-business manchmal der Blick für diese Veränderungen abhanden kommen kann. Auch für jene Veränderungen, auf die unsere Arbeit als Lehrer im Kern abzielt! Bei einer Ausbildung werden die wahrhaft wichtigen „Kennzahlen“ halt erst nach ca. drei Jahren sichtbar; auch wenn Betriebswirte das oft nicht wirklich verstehen können.

Das Gleiche gilt übrigens auch für andere Geschichten, die ich zu erzählen beliebe. Auch deren Wirkung zeigt sich oft erst später. Und das unabhängig von der Ernsthaftigkeit. Manche Erzählungen werden unerwartet erinnernswert und verändern gleichsam die Wahrnehmung dessen, was wir taten, was wir tun – und was wir tun werden! Ich käme nie auf die beknackte Idee, Pen’n’Paper wie ’ne Lehrveranstaltung aufziehen zu wollen. Jedoch ergibt sich dieser Effekt manchmal ganz von selbst. Der wichtigste Unterschied ist, dass eine pädagogische Veranstaltung im Kern immer auf eine Verhaltensanpassung abzielt, ganz gleich ob ich dabei „klassische“ Didaktik zum Einsatz bringe, Reform-Ansätze wie Montessori oder Waldorf oder gar ganz freies Lernen. Die Prozesse der Akkomodation und Assimilation werden überall, mehr oder weniger stark moderiert, wirksam! Allerdings sieht man die Wirkung immer erst mit Verzögerung. Daher ist es wichtig, gelegentlich bewusst zurückzublicken, auch wenn die Vergangenheit nicht nur schöne Dinge enthält. Wir Menschen sind ja sehr gut darin, schlechte Erinnerungen aufzubewahren. Eigentlich sollen sie uns davor bewahren, den gleichen Fehler zwei Mal zu machen. Na ja, wenn ich mir das mit der AfD so anschaue, funktioniert das mit dem Generations-übergreifenden Lernen noch nicht so ganz. Schwamm drüber. Für mich war es mal wieder an der Zeit, zurückzublicken. Und ich denke, dass bei weitem nicht alle Anstrengungen der letzten Jahre vergeudet waren. Bis die jungen Leute das erkennen können, müssen sie allerdings erst noch lernen, dass man niemals jaded werden sollte. Sondern immer hungrig auf das Neue bleiben. Auch, wenn man von der mentalen Couch in der eigenen Komfortzone gezerrt und mit potentiellem Scheitern konfrontiert wird. Genau dann lernt man etwas dazu. Jedenfalls ging es mir so. Denn jetzt bin ich mit meiner Arbeit der letzten Tage versöhnt. Sie war definitiv NICHT UMSONST, denn ICH bin daran einmal mehr gewachsen. In diesem Sinne – schönen Samstagabend.

Auch als Podcast…