Sicherheitsbedenken N°1

Abhörskandal – ich kann diese Scheiße nicht mehr hören! Auf der einen Seite tummeln sich die selbst ernannten Bürgerrechtsaktivisten jedweder Couleur, übrigens auch solche, die unsere Bürgerrechte üblicherweise bestenfalls als Allerletztes auf ihrer Agenda haben, jedoch auf Sympathiestimmen im kommenden Wahlkampf hoffen und darum jetzt medienwirksam alle Formen von Datensammlung für Teufelswerk erklären. Auf der „Gegenfront“ stehen die Befürworter des Gläsernen Bürgers, für die jedes noch so kleine Geheimnis die potentielle Verschleierung einer möglichen Straftat bedeutet. Ein Albtraum für jeden Sicherheitsmenschen; hinterher könnten die Bürger noch Dinge denken, die man selbst zu bedenken Bedenken erdacht haben könnte.

Sicherheit sei ein genauso wichtiges Bürgerrecht wie die Privatsphäre, denn ohne sie würden die einfachsten Dinge des Alltäglichen plötzlich zum Pogohüpfen im Minenfeld. Garantierte der Staat zum Beispiel nicht für die Verbindlichkeit von Verträgen, könnte man nichts mehr einkaufen. Der Arbeitgeber könnte einen einfach ausnehmen; was er ja trotzdem auf jede erdenkliche Art tut. Also setzt man die Sicherheit des Staatswesens mit der Sicherheit seiner Bürger gleich, schließlich würde in einer Demokratie ein generelles Misstrauen gegenüber den Institutionen des Staates keine Berechtigung haben, denn zum Schutz der Freiheit sei der Schutz der Sicherheit unabdingbar und man wäre ja naiv, wenn man von staatlicher Überwachung überrascht wäre Ja, ist schon schön, wenn man öffentlich naiv sein darf und auch noch als Journalist dafür bezahlt wird.

Hier sind zwei grundlegende Denkfehler zu konstatieren: zum einen sind die Institutionen des Staates mittlerweile durch ihre inhärenten Selbsterhaltungstendenzen soweit vom Willen des Volkes entfernt, sofern dieser überhaupt auszumachen wäre, dass man getrost von systemischer Entfremdung durch Selbstzweck sprechen darf. Ich empfehle hierzu Habermas und Luhmann als Lektüre. Und überdies ist es ausgesprochen kurzsichtig, Volksvertretern und vor allem den Mitgliedern der ihnen beigeordneten Ministerialbürokratie zu unterstellen, dass sie für Versuchungen, welche sich im Spannungsbereich der Dichotomiepole Gemeinwohl und Eigenwohl abspielen in keinster Weise anfällig wären. Das sind alles Menschen – und hier dürfte der gleiche Prozentsatz an Individuen zu finden sein, welche schwach an Charakter sind, wie beim Rest auch.

Natürlich ist es ein wichtiges Vorhaben, die Sicherheit des Staates und seiner Bürger zu schützen, doch bevor man sich nun hinstellt und Sicherheitsbehörden mit diesem äußerst kurz greifenden Argument einen Persilschein dafür hinschmiert, sich einfach so meine intimsten Gedanken zu eigen machen zu dürfen, um dann irriger Weise zu glauben, beurteilen zu können, wie ich ticke und somit meinen individuellen Gefährdergrad benennen zu können, MUSS man sich fragen wer was dadurch gewinnen kann? Wieso braucht ein Staat überhaupt Kontrolle über seine Bürger? Sollte das Verhältnis nicht genau umgekehrt sein? Dieser Argumentationsstruktur liegt die vollkommen irrige Annahme zu Grunde, ein Staat müsse Macht über alle Lebensbereiche seiner Bürger ausüben können. Das ist autokratische Scheiße, gegen die man sich bis zur letzten Konsequenz wehren muss, denn der Bespitzelung folgt die Bevormundung und die mündete bisher immer in der Diktatur.

Anstatt immer mehr Geld in die Überwachung und Befriedung zu investieren wären wir – nein nicht wir, sondern unsere politischen Führer – besser beraten, mehr für sozialen Ausgleich zu tun. Denn das, was die selbst ernannten Eliten fürchten, ist nicht der Terrorismus als solches, sondern der Umstand, dass dieser – wenngleich auch auf die denkbar dümmste Art – auf soziale Ungleichheiten hinweist. Räumte man diese aus, beendete man auch den Terrorismus und könnte seine Drohnen und Funkanlagen und Computer und den ganzen anderen Rotz einmotten. Aber soweit sind wir noch lange nicht, darum will ich die Tage weiter über das Thema nachdenken…

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