Ach echt jetzt – Geheimdienste hören ab?

Es grenzt manchmal schon fast an Naivität, wenn man Menschen darüber reden hört, was man sich alles nicht vorstellen konnte, von dem was Nachrichtendienste in den letzten Jahren so angestellt haben. Da wird das in verschiedenen Hollywood-Filmen thematisierte Big-Brother-Ding als reines Werk der Fiktion abgetan, man will nicht glauben, dass es tatsächlich möglich ist, so viele Informationen durch das Ausspähen unserer Telekommunikation zu sammeln und wundert sich, wie es wohl möglich war, das „Salafistenpaar aus Oberursel“ zu schnappen. Da war von Flüssigkeiten die Rede, welche zum Bombenbau verwendet werden könnten. Glaubt wirklich noch einer da draußen, dass hier Columbo Kassenzettel durchwühlt hat? Die wurden abgehört, ihr Online-Verhalten analysiert und bei Erhärtung des Anfangsverdachtes wurden sie hopp genommen. Und wie man auf die gekommen ist? Na, weil man alle Telekommunikationsdaten der so genannten „Sauerlandzelle“ genau analysiert hat. Wer mit wem wann was gequatscht hat. Ist ganz einfach, wenn man weiß, wie.

Und man darf sicher sein, dass unsere allzu oft geschmähten bundesdeutschen Nachrichtendienste so was auch können. Haben ja, wenn man der Berichterstattung wenigstens ein bisschen Glauben schenken mag, schließlich für die NSA in Europa im großen Stil Kommunikations-Spionage betrieben. Ich frage mich manchmal, ob es wirklich so viele Menschen gibt, die Agenten mit der Lizenz zum Töten im Auftrag ihrer Majestät tatsächlich für ein realistisches Bild Geheimdienstlicher Tätigkeit halten? Ich ernüchtere mich ja gelegentlich ganz gerne, mit Bezug auf mein, immer noch positives Menschenbild, aber das ist jetzt echt zu viel. Ja, Geheimdienste sammeln Informationen über potentielle Feinde und auch über potentielle Mitbewerber, denn zum Schutz der nationalen Interessen gehört auch der Schutz der Interessen, der jeweiligen heimischen Wirtschaft. Ist es da so schwer zu verstehen, dass nationale Dienste auch Wirtschaftsspionage betreiben? Es ist doch im Interesse der Nation, wenn die eigene Wirtschaft die Nase vorn hat, oder?

Aber die Agenten schleichen dabei nicht nachts, schwer bewaffnet und mit einem Haufen Gimmicks in der Tasche in irgendwelchen Hochsicherheitseinrichtungen herum, töten böse Wachmänner und verführen die hübscheste Mitarbeiterin des Tages, die dann zufällig auch noch die Kombination für den Safe kennt. Meistens geschehen sehr viel subtilere Dinge. Man sammelt zunächst eine Vielzahl frei zugänglicher Informationen, man dreht gelegentlich jemanden um, der Zugriff auf weniger frei zugängliche Informationen hat (Erpressung, Bestechung etc.) und schlussendlich zapft man die Datenströme an. Die aktuelle Architektur des Internet erleichtert solche Dinge, da so gut wie alles durch wenige Knotenpunkte fließt. Hier in Deutschland zum Beispiel durch ein Routerzentrum in Frankfurt. Da baut man eine hübsche kleine Backdoor in die Netzwerkarchitektur und Rumms kann man alles im Klartext, in Echtzeit mitlesen. Alles nur eine Frage der Rechenleistung.

Um auf die Naivität zurück zu kommen: ich wundere mich eher, wenn irgendwas, das technisch machbar ist, noch nicht versucht wurde. Ein Blick auf die Geschichte unserer Spezies beweist, dass so gut wie alles, zumeist nur sehr kurze Zeit nach seiner Entdeckung/Erfindung, in einer Waffe Verwendung fand. Spionage ist auch eine Waffe, allerdings eine ohne Knalleffekt; den hat sie nur im Film. Deshalb finde ich dieses hohle Betroffenheitsgeheuchele, insbesondere von Seiten unserer Politiker einfach nur Banane. Man weiß, dass die Technik existiert, man weiß, dass es da draußen eine Menge Leute mit einem gefühlten Informationsdefizit gibt und dass unsere Nachrichtendienste international eher als unterfinanziert zu betrachten sind: und dann behauptet wirklich einer, dass er sich wundert, wie es dazu kommen kann, dass der BND den Wasserträger für die NSA mimt? „Unglaubwürdig“ ist das einzige Wort, welches mir dazu einfällt, denn unsere Schlapphüte nehmen halt einfach alles, was sie kriegen können. Ist nur zu menschlich und – man verzeihe mir doch bitte den Zynismus – letzten Endes wahrscheinlich sogar gut für’s Budget. Den Amis noch einen rausgeleiert für Technik, die sowieso in Betrieb ist. Und da soll mal einer sagen, die gingen nicht effektiv mit ihren Ressourcen um…

Anstatt sich darüber zu ereifern, wie es sein kann, dass unser BND mit der NSA kollaboriert hat, sollte man sich eher fragen, wie viel Kontrolle die parlamentarischen Gremien tatsächlich über das Tun und Lassen unserer Nachrichtendienste haben? Und vor allem, warum zum Teufel man sich immer noch bedeckt hält, wenn es darum geht, der NSA und dem britischen GCHQ, bzw. den sie kontrollierenden Regierungen mal so richtig vor den Koffer zu scheißen und sie darauf aufmerksam zu machen, dass sie ihre Generalverdachts-Drecksgriffel aus unseren Leben zu lassen haben? Da würde ich gerne mal ein paar 100.000 auf der Straße sehen. Aber nö… ihr lasst euch wieder mal von der Bundes-Angie und ihren getreuen Schergen mit stilistischen Nebelkerzen in den Topor merkeln, während unsere Bürgerrechte vor die Hunde gehen. Ihr seid ein Super-Volk! Adenauer wäre stolz auf euch…

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